Unser Sauerkraut ist in der koreanischen Küche das Kimchi. Dieses Gericht ist wirklich ein koreanisches Nationalgericht – sozusagen der fermentierte Nationalstolz. Für uns ist es schwer nachzuvollziehen, wie sehr das milchsaure Kraut mit der kulinarischen Identität Südkoreas verbunden ist. Zu jeder, wirklich ausnahmslos jeder Mahlzeit wird Kimchi als Beilage serviert – und zudem auch mit Reis gebraten, in Suppen eingelegt oder in Teigtaschen gefüllt. Bis ins 13. Jahrhundert reichen die ersten Aufzeichnungen darüber zurück. Kimchi gilt als sehr gesund, denn es soll ein langes Leben verleihen. Im Gegensatz zum Sauerkraut, welches bei uns oft gekocht wird, wird Kimchi roh verzehrt, was die lebenden Kleinstorganismen nicht zerstört. Die Anwesenheit von Salz ermöglicht den Milchsäurebakterien ein fröhliches Vermehren, verleidet aber gleichzeitig den Fäulnis bewirkenden Mikroorganismen das Leben. Kimchi wird im Gegensatz zum Sauerkraut auch viel schärfer gewürzt. Neben der Milchsäure bestimmen Chili, Ingwer, Frühlingszwiebeln und Fischferment den Geschmack. Im folgenden Rezept probieren wir gemeinsam ein schnelles verganes Anfänger-Kimchi aus, ohne Fischsauce. Meine beiden Teenager sind gerade auf dem veganen Pfad. Die Zutaten könnt ihr unkompliziert in jedem gut sortierten Supermarkt kaufen.
Einkaufsliste
Zutaten für ein verganes Kimchi (S. Thiele
1 großer Chinakohl
2 Karotten
1 weißer Rettich
1 Bund Frühlingszwiebeln
1 großes Stück Ingwer
4 Knoblauchzehen
2 rote Chilis
Salz
Wasser
Zubereitung
Den Chinakohl in fingerbreite Streifen schneiden, in eine große Schüssel geben und mit Salzlake (20g Salz/ 1 Liter Wasser) bedecken. Den Kohl zusammen und unter die Lake drücken und mit einem Teller beschweren. Für mindestens 2 Stunden stehen lassen.
Karotten und Rettiche schälen, grob raspeln und aufheben. Frühlingszwiebeln in dicke Ringe schneiden.
Ingwer und Knoblauch fein zerkleinern mit den entkernten Chilis und etwas Kohl-Salzlake mischen. Den Kohl von der Lake mit einem Sieb trennen und gut ausdrücken. Die Salzlake aufheben.
Den Kohl mit den Karotten, Rettich und Frühlingszwiebeln in einer Schüssel gut vermischen und die Chili-Knoblauch-Mischung darüber geben. Gut verkneten. Vorsichtig nachsalzen falls nötig.
Das Kimchi in Gläser mit Bügelverschluss füllen, fest andrücken bis keine Luftblasen mehr zu sehen sind. Wenn das Kraut nicht mit Flüssigkeit bedeckt ist, etwas Salzlake nachfüllen. Die Gläser nicht höher als zwei Finger unter dem Glasrand füllen. (Überlaufgefahr)
Die Gläser zur Fermentation 3-7 Tage an einem warmen Ort stellen, damit die Milchsäurebakterien ihren Job machen können. Es entstehen leichter Schaum und Bläschen – das ist ganz normal. Ihr könnt das Kraut täglich etwas andrücken, falls es „hochwächst“ und dabei gleich probieren, ob es euch schon scharfsauer genug ist.
Wenn euch der Geschmack zusagt, wird das Kimchi in den Kühlschrank gestellt (Stopp der Fermentation) und ist dort mindestens 2-3 Monate haltbar.
Nach und nach werdet ihr euch immer mehr an die würzigeren Kimchi-Varianten herantrauen.
Zubereitungszeit: ca. 2 Stunden
Fermentation: 3-7 Tage
Haltbarkeit: 2-3 Monate
Das Rezept ist inspiriert vom Buch „Fermentieren ganz einfach selbst gemacht“ von Cathrin Brandes)
Zerkleinertes Gemüse (S. Thiele)
Den Kohl zwei Stunden in der Salzlake wässern (S. Thiele)
Veganes Kimchi nach 7 Tagen Fermentation (S. Thiele)
Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, hinterlasst mir sehr gern einen Kommentar!
Liebe Mikrobenzirkus-Freunde… es wird wieder Zeit für einen Jahresrückblick 2018, einen Blick voraus und vor allem für eine Geburtstagstorte: Happy Birthday! Der Mikrobenzirkus ist nämlich mittlerweile 4 Jahre alt. An dieser Stelle natürlich ein großes Dankeschön an alle, die über die vier Jahre die Treue halten oder auch neu dazugekommen sind.
Besucherzahlen:
Der Mikrobenzirkus_nöog wurde am 31.12.2018 vier Jahre alt. (Fotolia)
Der Mikrobenzirkus hatte im Jahr 2018 in diesem Jahr 60.190 Aufrufe und 34.060 Besucher. Im Vergleich dazu die Zahlen für 2017: 37.500 Aufrufe und 24.000 Besucher. Und das obwohl ich in diesem Jahr nur 22 Beiträge veröffentlich habe: Geschrieben habe ich zwar trotzdem, aber verstärkt an meinem neuen Buch. Dazu später mehr.
2016 hatte ich im Blog auch mit dem „DIY Mikrobenzirkus“ begonnen: sprich mit der Fermentation in vielen Variationen. Dabei geht es darum, zu lernen, wie wir Sauerkraut & Kimchi, Joghurt, fermentierte Getränke (Kefir & Kombucha) herstellen können oder auch wie man Brot mit Sauerteig bäckt. Diese Kategorie im Blog hat sich als besonders erfolgreich bei euch gezeigt. Die Rezepte werden viel geklickt und ich erhalte immer viele Nachfragen von euch. Der Fermentationsonlinekongress bei dem ich 2018 zweimal mit einem Video-Interview teilgenommen habe, hat die Besucherzahlen im Sommer dementsprechend in die Höhe schnellen lassen (7995 Aufrufe im Juli). Die Rezepte findet ihr im Blog in der Kategorie DIY Rezepte. Für eure Fragen stehe ich immer gern bereit.
Mikrobenzirkus in den Social Media:
Mikrobenzirkus auf Instagram
Besonders aktiv ist meine Mikrobenzirkus-Community auf Instagram, die im letzten Jahr auf 1180 mikrobenbegeisterte Follower angewachsen ist. Ich gestalte den Instagram-Kanal als einen Themenkanal mit interessanten Neuigkeiten und Geschichten zur Mikrobiologie in unserem Alltag. Dort gibt es täglich kleine Wissenshäppchen, viele schöne Fotos und natürlich auch die Rezepte zu den Fermentionsexperimenten.
In diesem Jahr wurde mein Instagram-Kanal auch als ein gutes Beispiel zur Wissenschaftsvermittlung vorgestellt vom Blogportal http://www.wissenschaftskommunikation.de. Hier könnt ihr den ganzen Artikel lesen noch einmal lesen. Wissenschafts¬Kommunikation via Instagram – drei Beispiele: Instagram kann ein nützliches Medium für die Wissenschaftskommunikation sein. Wir stellen drei Kanäle mit unterschiedlichen Zielen vor. Die Macherinnen und Macher verraten uns, über welche Themen sie sprechen, wen sie damit erreichen möchten und wie das Publikum auf sie reagiert. Auch bei Facebook (@mikrobenzirkus) und Twitter (@mikrobenzirkus) könnt ihr mir natürlich folgen.
Mikrobenzirkus auf der Shortlist „Wissenschaftsblogs 2018“
Wahl der Wissenschaftsblogs 2018
Über die Nominierung meines Blogs für die Wahl der spannendsten „Wissenschaftsblogs 2018“ habe ich mich sehr gefreut. Insgesamt standen stehen 22 Blogs zur Auswahl. In einer anderen Kategorie wird auch ein „Blogteufelchen“ vergeben. Die Stimmenabgabe ist schon abgeschlossen, Das Ergebnis steht aber noch aus. Wir bleiben gespannt!
Ausblick 2019:
Mein neues Sachbuch erscheint am 11.2. 2019
Ab Mitte Februar wird es dazu Lesungstermine, eine Leserunde bei Lovelybooks geben. Auch auf der Leipziger Buchmesse im März können wir uns direkt dazu unterhalten.
Alle Infos zum Buch und sogar schon eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagsseite vom Heyne-Verlag (Randomhouse).
Workshop Fermentation am 9.5.2019
Im Mai gebe ich zum ersten Mal an der VHS in Braunschweig einen Kurs zur „Kunst der Fermentation“ für Interessierte und Anfänger.
Gemüse wild fermentieren Workshop mit Verkostung Kursinhalt: Fermente sind lecker, lange haltbar und dazu noch sehr gesund: Der Workshop vermittelt Ihnen Theorie und Praxis der Milchsäuregärung und betrachtet auch weitere Arten der Fermentation (Joghurt, Sauerteig, Wasser/Milch-Kefir, Kombucha u.v.m.). Bevor es zu theoretisch wird, probieren wir uns durch eine bunte Vielfalt verschiedener Gemüsefermente und fermentierter Getränke bei einer sauren Verkostung. Zum Abschluss stellen wir gemeinsam ein schnelles Ferment im Bügelglas zum Mit-nach-hause-nehmen her. Einige Rezeptideen erhalten Sie außerdem zum fröhlichen Weiterexperimentieren.
Daneben wird es natürlich weiterhin im Mikrobenzirkus neue Blogartikel und Mitmach-Rezepte sowie Buchempfehlungen geben. Ich freue mich immer über Kommentare oder Anregungen von euch!
Dann wünsche ich euch allen ein spannendes und vor allem gesundes 2019! Wir lesen uns!
In Deutschlands Speisekammern blubbern seit jeher die Sauerkrautfässer. Obwohl schon die Römer vor 2000 Jahren ihren ganzen Kohl in Töpfen konservierten, geistert seit dem zweiten Weltkrieg das Klischee der »German Krauts« in den Köpfen anderer Nationen. Neben Wilhelm Busch mit Max und Moritz und seiner Witwe Bolte hat daran auch der Dichter Ludwig Uhland kräftig mitgewirkt. Dabei war das Säuern als einfache Methode des Haltbarmachens bereits den Menschen der Prähistorie bekannt.
Porträt von Dschingis Khan (Dschingis Khan und seine Erben (exhibition catalogue), München 2005, p. 304 Foto: gemeinfrei)
Witwe Bolte am Sauerkrautfass (1865) Quelle: Wilhelm Busch: Max und Moritz (Public Domain)
Als kulinarischer Vorreiter des Sauerkrauts gilt aber der Legende nach Dschingis Khan. Der mongolische Eroberer galoppierte mit seinem Reiterheer im 13. Jahrhundert von Asien nach Westen und bremste erst in Osteuropa ab. Als Reiseproviant hatte die Reiter »suan cai« in den Satteltaschen – sauer eingelegten Kohl, nach einem beim Überfall auf China erbeuteten Rezept. Als der Vorrat zur Neige ging, ersetzten sie den Chinakohl durch den europäischen Verwandten – den Weißkohl. In Deutschland stampften als Erste Mönche im ausgehenden Mittelalter Weißkohl in die Fässer.
Was passiert eigentlich im Fass oder etwas moderner im Bügelglas?
Das Prinzip der Sauerkrautgärung ist recht simpel. Benötigt werden nur: Weißkohl, Salz, ein paar Gewürze Wasser und ein großes Gefäß. Das Gemüse wird fein gehobelt, mit dem Salz vermengt und kräftig gestampft. So wird der Saft aus dem Gemüse gezogen mit dem darin enthaltenen Zucker. Diese Lake muss den Kohl gut bedecken, damit er nicht mehr mit Luft in Berührung kommt.
Damit ist der Tisch schon gedeckt für die nützlichen Mikroorganismen, die sich naturgemäß in und auf dem Gemüse befinden. Sie müssen gar nicht zugesetzt oder gekauft werden. In diesem Fall sprechen wir von einer »wilden Fermentation« oder Spontangärung ohne Starterkulturen. Die Bakterien vergären den pflanzeneigenen Zucker zu Milchsäure. Diese schützt das Gemüse vor Verderbniserregern, so dass es monatelang haltbar bleibt.
Leben im Kraut – ist das nicht eklig?
Natürlich nicht! Eigentlich lebt doch alles was wir essen ein bisschen. So gründlich könnten wir Gemüse gar nicht waschen, damit wir alle Bakterien und Pilze erwischen. Zuviel Hygiene fördert nur Allergien und wir brauchen die Bakterien auch dringend für unsere Fermentation.
Sauerkraut machen hat ein bisschen mit Zoologie zu tun? Das stimmt – es ist blanker Darwinismus. In einer natürlichen Selektion gewinnen bestimmte Bakterien und Pilze die Oberhand. Wir können dabei etwas eingreifen, die Bedingungen steuern und den Bakterien etwas helfen, das Gemüse gesund und bekömmlich zu machen. Wenn der Kohlkopf nur in der Küche liegen bleiben würde, besiedeln ihn Schimmelpilze und er würde nur schwarz werden. Die Milchsäurebakterien hätten keine Chance, ihn zu veredeln. Nur im Bügelglas oder Fass mit dem eingestampften Kohl entsteht ein anaerobes Milieu – ohne Sauerstoff – in dem sich die Milchsäurebakterien wohlfühlen. Damit beginnt die Fermentation.
Sobald das Gemüse unter die Lake getaucht wird, startet ein sehr wichtiges Milchsäurebakterium die Gärung – Leuconostoc mesenteroides. Der Name leukos (altgriechisch = weiß) leitet sich vom weißen Aussehen seiner Kolonien ab. Die kleinen kugelförmigen Kokken, Diplokokken oder kurzen Ketten kommen auf den Pflanzen in kleiner Anzahl vor. Sobald der Kohl geschnitten wird, steigt die Anzahl sprunghaft an, weil die Zellinhalte mehr Nährstoffe zur Verfügung stellen.
In den ersten Tagen blubbert es im Bügelglas recht heftig. Der vorhandene Sauerstoff wird verbraucht und die Kohlendioxid-Produktion beginnt. Leuconostoc ist ein heterofermentatives Milchsäurebakterium: das bedeutet, dass sich zwar als Hauptprodukt die Milchsäure bildet, dabei aber auch eine erhebliche Menge an anderen Nebenprodukten wie Kohlensäure, Alkohol und Essig.
Nun geht es weiter wie bei der Eroberung neuer Kontinente: Ist die Umgebung genug angesäuert circa ab dem 3. Tag , kommen weitere säuretolerante Milchsäurebakterien und Hefezellen ins Spiel, wie z.B. Lactobacillus plantarum– ein homofermentatives Bakterium, welches ausschließlich Milchsäure bildet und die spätere Phase der Gemüsefermentation prägt.
Lactobacillus plantarum SEM-Image (AEM DOI: 10.1128/AEM.00982-08)
Saccharomyces cerevisiae CC BY-SA 3.0
Neben den säuretoleranten Bakterien sind auch Hefezellen sind am Veredlungsprozess beteiligt, die das Sauerkraut konservieren und aromatisieren. Im Schnitt ist die Milchsäuregärung nach 10 bis 20 Tagen beendet. Allerdings brauchen die meisten Gemüsefermente zwei bis drei Wochen bis zur vollen Reife, Sauerkraut braucht sogar vier bis sechs Wochen. Da brauchen ihr etwas Geduld.
Ihr habt doch noch etwas Angst mit Bakterien zu hantieren und selbst zu fermentieren?
Aber an dieser Stelle sei gesagt: Fermentation ist wirklich narrensicher – sonst hätten sich Generationen vor uns schon umgebracht! Ein ganz entscheidender Aspekt der Milchsäurebakterien ist ihr Selbstschutz. Die Milchsäure, die sie produzieren, hemmt wirksam das Wachstum anderer Bakterien und Pilze, die das Lebensmittel zersetzen oder es verderben lassen würden. In diesem sauren Milieu haben Pathogene wie die berüchtigten Ehec-Bakterien keine Chance mehr, sich zu vermehren. ..
Was können wir von einem selbst gemachten Sauerkraut erwarten?
Zuallererst schmeckt es natürlich sehr gut: Roh gegessene Fermente sind reich an Vitaminen, Enzymen und anderen Inhaltsstoffen, die zum Teil erst durch den Vorgang der Fermentation entstehen und somit unsere Ernährung bereichern. Es hat eine geschmackliche Dichte und Vielfalt, die mit einem gekauften Produkt gar nicht vergleichbar ist. Außerdem schmeckt es niemals gleich.
Das vom Vorjahr schmeckt anders als das von diesem Jahr – das vom Frühjahr anders als das vom November. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Herkunftsregionen der Kohlsorten und der mitgebrachten Bakterien. Auch die Mikroorganismen, die wir über unsere Hände einbringen variieren und unterschiedliche Temperaturen bei der Vergärung haben ebenso einen Einfluss. Aber das ist auch das Abwechslungsreiche daran – kein Sauerkraut schmeckt gleich.
Sauerkraut ist gesund!
Die gesundheitlichen Wirkungen selbstfermentierten Sauerkrauts sind beachtlich: Der englische Seefahrer James Cook (1728-1779) soll es als Erster auf seinen Pazifik-Reisen fässerweise mitgenommen haben, um seine Mannschaft während ihrer monatelangen Überfahrten vor Skorbut – der gefürchteten Vitamin-C-Mangelkrankheit zu schützen. Teilweise hat er seine Männer wohl sogar gezwungen das Kraut zu verspeisen.
James Cook (Nathaniel Dance-Holland, 1776): gemeinfrei
Nachbau der Endeavour (Schiffstyp Whitby Cats): CC-BYSA3.0
Anders als oft behauptet, strotzt Sauerkraut aber nicht vor Vitamin C und Vitamin B12. Einhundert Gramm Kraut liefern gerade mal 20-30 Milligramm Vitamin C. Aber immerhin mehr als doppelt so viel wie in 100 Gramm eines Apfels. In den Wintermonaten bleibt Sauerkraut deshalb ein wertvoller Lieferant für Vitamin C. Wenn Sauerkraut nur leicht bissfest gekocht wird, nimmt der Vitamin C-gehalt sogar noch zu, wie Ernährungsexperten der Verbraucherzentrale Bayern mitteilen. Hintergrund dafür ist das sogenannte Ascorbigen, eine Vitaminvorstufe, die im Weißkraut viel vorhanden ist. Erst durch leichtes Erhitzen wird es in aktives Vitamin C umgewandelt. Darüber hinaus schützt das saure Milieu das Vitamin vor der Zerstörung. Eine Portion schonend erhitztes Sauerkraut deckt etwa ein Viertel der empfohlenen Tagesdosis von 100 Milligramm ab.
Sauerkraut ist zudem gut bekömmlich! Milchsauer eingelegtes Gemüse ist quasi vorverdaut, weil die Kohlenhydrate von den Milchsäurebakterien zu Milchsäure abgebaut werden. Dadurch kommt es zu einer Lockerung des pflanzlichen Gewebes und der menschliche Verdauungsapparat muss weniger leisten, um die pflanzliche Kost aufzuschließen. Schwerverdauliche Rohkost wird durch Fermentation bekömmlich und die Nährstoffe für den Körper besonders gut verfügbar.
Sauerkraut lebt!
Die Milchsäurebakterien sind neben der Milchsäure die wichtigsten Gesundmacher im Kraut. Sie gelangen mit der Nahrung in den Darm und entfalten dort ihre Wirkung.
Die Bakterien fördern dort eine gesunde Darmflora und bilden sogenannte Bacteriocine, eine Art Abwehrtruppe, die krankmachenden keimen Paroli bietet. Das sind giftige Proteine oder Peptide, die von Bakterien abgesondert werden und andere konkurrierende Bakterienarten töten oder zumindest im Wachstum hemmen.
Die Milchsäure, die von den Bakterien gebildet wird, regt die Darmbewegung an, sorgt für einen günstigen pH-Wert und stärkt eine gesunde Darmschleimhaut. Sie dient zudem der Energiegewinnung in den Muskeln, der Leber und in den roten Blutkörperchen.
All das bietet das Sauerkraut vom Discounter nicht mehr. Es wird pasteurisiert – also erhitzt – und mit verschiedenen Nahrungszusätzen länger haltbar gemacht. Es ist aber leider eigentlich tot. Wenn Sie selbst Sauerkraut herstellen, dann sind Mikroorganismen am Werke, die in ihrer Umgebung vorkommen und gut mit unserem Körper zusammen arbeiten.
Im Gegensatz zu gekauften probiotischen Präparaten aus der Apotheke, bieten die selbst hergestellten wilden Fermente eine unendlich größere Vielfalt an Mikroorganismen und stellen zudem auch noch die Präbiotika (wasserlösliche Ballaststoffe) bereit, mit denen die nützlichen Darmbakterien so gut wachsen. Im Preisvergleich schneiden die hausgemachten Fermente ebenfalls ungleich besser ab.
Sauerkraut zum Selbermachen
1 Kg Weißkohl (feingehobelt)
1 Esslöffel unraffiniertes Meersalz
1 großes Glas mit Bügelverschluss
Die 2-3 äußeren Blätter vom Weißkohl entfernen und den Kopf vierteln und fein hobeln. Das Meersalz hinzufügen, alles gut durchmassieren und kneten bis genüg Flüssigkeit entstanden ist. Das Kraut fest und ohne Luftblasen mit einem Stampfer ins Bügelglas stopfen und mit den Kohlblättern bedecken. Es muss von der Lake bedeckt sein. Sonst noch Restflüssigkeit auffüllen. Mit einem Gewicht beschweren.
Das Bügelglas verschließen und dunkel für 6 Wochen lagern. Die ersten Tage etwas wärmer 20-22 Grad, danach darf es etwas kühler stehen (16-18 Grad Celsius). Sauerkraut hält sich kühl gelagert mindestens 6 Monate.
Auch eine feine Variante ist das abgewandelte Zahtar-Kraut Das etwas andere Rezept findet ihr auch hier im Blog.
Bakterien und Pilze sind die Ordnungspolizei der Natur. Sie haben die gute Angewohnheit, alles aufzuräumen. Sie zersetzen organische Materialien und sorgen dafür, dass sie nicht einfach in der Gegend herumliegen bleiben, sondern in ihre Bestandteile aufgelöst werden und wieder als Nährstoffe zur Verfügung stehen. Nichts anderes passiert auch bei Lebensmitteln, die an den Punkt der Gärung ohne Sauerstoff kommen und dadurch erst ihren besonderen Geschmack oder ihren genießbaren Zustand erhalten.
Die Fermentation – wie die Gärung auch »auf schlau« bezeichnet wird – ist eigentlich gar keine menschliche Erfindung. Durch die Allgegenwart der kleinen Lebensformen – der Bakterien, Pilze und Hefen – waren schon die prähistorisch-fermentierten Lebensmittel ganz natürliche Phänomene, die wir Menschen nur beobachtet, untersucht und dadurch später kultivieren und beherrschen lernten. Das Prinzip heißt »kontrollierter Verfall« – wenn Nahrungsmittel im Warmen stehen gelassen werden, beginnt eine Transformation: Bakterien, Schimmelpilze und Hefen können dafür sorgen, dass die Nahrung verdirbt – sie können sie unter Umständen aber auch haltbar machen, ihren Geschmack oder die Inhaltsstoffe veredeln.
Die Geburtsstunde der Fermentation
Als wir Menschen sesshaft wurden, bekam noch etwas anderes eine viel wichtigere Bedeutung. Getreide und Milchprodukte für die kommende Zeit einzulagern, war ein praktischer Weg, um sich nicht täglich um ihre Beschaffung zu sorgen. So wurden clevere Strategien nötig, um die Lebensmittel für später zu konservieren.
Dazu kam noch der Wechsel der Jahreszeiten. Anders als in den Tropen wächst in der gemäßigten Klimazone nicht immer irgendetwas. Die Vegetation legt knapp die Hälfte des Jahres eine entspannte Ruhepause ein. Es ist nicht nur dunkel und kalt – es wächst auch kaum etwas. Trotzdem werden Essen und Vitamine weiterhin dringend gebraucht.
Heute ist das mit Schiffen und Flugzeugen recht einfach. Frisches Gemüse wird aus anderen Regionen der Welt schnell hierher transportiert. Die Konservendose wurde erst im 19. Jahrhundert erfunden und brauchte einige Jahrzehnte ehe sie überhaupt akzeptiert wurde. Wer wollte schon an einer Bleivergiftung sterben?
Heute sind wir dank Kühlschrank und Tiefkühltruhe seit den 50 bis 80er Jahren recht unabhängig. Unsere Vorfahren müssten noch andere Techniken entwickeln, um ihre Lebensmittel über den Winter oder lange Schiffsreisen haltbar zu machen oder die Ausbeute von erfolgreichen Jagd – oder Fischzügen vor dem Verfall zu sichern.
Viele Methoden entstanden: pökeln, einlegen, einkochen, dörren, kandieren – oder eben das Fermentieren mit Mikroorganismen. So ist die Entwicklung der fermentierten Lebensmittel mehr als nur eine kulinarische Erfindung.
Der Zufall kam zu Hilfe
Die meisten Vergärungsmethoden wurden wohl ganz zufällig entdeckt. Die daran schuldigen Mikroben sind überall in unserer Umwelt zu finden. Sie ernähren sich von den Zuckern nährstoffreicher Pflanzen oder tierischer Produkte.
Wer als Mikrobe zuerst im Milchtopf siedelt, verteidigt sein Territorium mit chemischen Kampfstoffen gegen Konkurrenz und schützt die Lebensmittel dadurch gleichzeitig vor dem Verderben. Zur Verfügung stehen dem Mikroorganismen dabei antimikrobielle Peptide, Milch- oder Essigsäurevarianten und Alkohole – alles Substanzen, die die Lebensmittel haltbar machen und für Menschen in gewissen Maße genießbar und zum Teil sogar sehr lecker sind. Geraspelter Kohl und Milch werden schnell sauer, Früchtekompott vergärt – aber sie werden nicht zu etwas abstoßenden Ungenießbaren – sondern zu schmackhaftem Sauerkraut, gesunder Buttermilch oder wunderbarem Wein.
Überall auf der Welt hat der Mensch versucht, nahezu alles Essbare zu fermentieren – von Gemüse und sogar Tierhäuten im Sudan bis hin zu Fischköpfen in der Arktis. Wahrscheinlich gibt es keine Kultur auf der Erde, die nicht irgendeine Form der Fermentierung oder Vergärung ausübt. Manche Gärprodukte sind sogar das zentrale Element der meisten Küchen oder uralte Rituale. Nach manchen Schätzungen wird bis zu einem Drittel aller von Menschen verzehrten Lebensmittel vorher fermentiert .
Es ist sehr interessant, dass wir im selben Zuge von »Kultur« (lateinisch cultura = Ableitung von colere – »den Acker bestellen«) sprechen, wenn wir eine Bakterienkultur meinen, mit der wir einen Joghurt oder Gärprozess starten können – aber den Begriff gleichzeitig auch für etwas wie Musik, Literatur, Sprache, wissenschaftliche Erkenntnisse oder kulinarische Techniken und alte Familienrezepte verwenden.
Viele Auswanderer überquerten Kontinente und Ozeane – ihr Hab und Gut war nur das, was sie tragen konnten. Häufig brachten sie aber gerade Sauerteigkulturen zum Brotbacken oder andere Starterkulturen mit oder zumindest das Know-How und ihre erprobten Methoden der Fermentierung.
Von Krautbräuten und Fermentos – Comeback der Fermentierens
Meine beiden Großmütter haben noch ganz selbstverständlich Gemüse milchsauer eingelegt, Buttermilch eindicken lassen oder mit Sauerteig gebacken. Im Gegensatz dazu haben heute viele Menschen große Angst, Lebensmittel außerhalb des Kühlschranks zu lagern. Sie wurden dazu erzogen, Bakterien und Pilze als gefährliche Krankheitserreger zu sehen und die Kältetechnik als eine absolute Notwendigkeit im Haushalt.
Aber das Blatt wendet sich gerade: selbst fermentierte Lebensmittel sind wieder einer der heißesten Food-Trends, der seit einigen Jahren aus den gesundheitsbewussten Küchen von New York, San Francisco und Portland herüberschwappt. Fermentation gilt als der aktuelle Gegentrend zum sterilen Standardlebensmittel. Ganz langsam haben sich die alten Methoden wieder eingeschlichen in die Hipster-Küchen und Food Blogs. Sauerkraut blubbert in Gärtöpfen, Salami und Käse reifen in den Kellern und vielerorts wird sogar Bier gebraut.
Ich selbst gehöre auch schon seit einigen Jahren zu den sogenannten »Fermentos«. In meiner Küche stapeln sich die Bügelgläser und ich bin stolze Hüterin verschiedener Kulturen von Kefir über Kombucha bis zum selbst angesetzten Sauerteig. Als ich vor Jahren im Bekanntenkreis über meine ersten Fermentierversuche erzählte, wurde zuerst einmal abgewunken: »Aber das ist ja uralt und langweilig – Sauerkraut und Co! «. Aber es gibt so viel mehr Gemüse zu entdecken, welches sich gut fermentieren lässt: etwa Gurken, Fenchel oder Karotte und Ingwer. Der Fantasie und Experimentierfreude sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Ich sage nur »Kimchi«
Die koreanische Variante des Sauerkrauts – ist für viele die Einstiegsdroge zum Fermentationshobby. Das gesunde Kraut ist in Korea von nationalem Interesse. Fast jede koreanische Familie hat ihr eigenes Geheimrezept für den scharfen Chinakohl mit Chili – über 300 Rezepte gibt es in den unterschiedlichen Regionen. Wenn der Winter bevorsteht, beginnt die »Kimjang«, die traditionelle Saison für die Kimchi-Zubereitung, die sogar 2013 in die Unesco-Liste für immaterielles Kulturerbe aufgenommen wurde. Sauerkrautstampfen mit Tanzmusik ist sogar szenetauglich, wenn alle zusammen Kohl schnippeln. So geschehen in Berlin zum »Sauercrowd« einem kulinarischen Flashmob, bei dem eine halbe Tonne Weiß- und Rotkohl in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg zu Sauerkraut verarbeitet wurde. Der Berliner Hipster kommt nicht am selbstgemachten Ruby-Sauerkraut zum Sliced Pork Tongue-RyeBread Sandwich vorbei! Aber selbst hier in Braunschweig haben die Schnippel-Partys Einzug gehalten. Na dann guten Appetit!
KImchi-Workshop im Gemeinschaftsgarten Bebelhof Braunschweig (Foto: Susanne Thiele)
Die vergorenen Produkte sind für uns vor allem attraktiv durch ein kräftiges und komplexes Aroma. Wissenschaftlich werden diese herzhaften Geschmackseindrücke umami genannt – das ist der sogenannte fünfte Geschmackssinn neben salzig, bitter, süß und sauer. Er wird durch die Veredlungsprozedur beim Fermentieren stärker, weil sich im durch die Mikroorganismen Vergorenen mehr Glutaminsäure und andere natürliche Geschmacksverstärker bilden.
Die Mikroben sorgen bei beispielsweise Käse oder Chorizo für eine besondere Geschmacksdichte, indem sie Zucker in Säuren und Alkohole umbauen und sonst geschmacksneutrale Makromoleküle, wie Stärke, Proteine und Fette – in ihre Kernkomponenten zerlegen, also in Zucker, Aminosäuren und Fettsäuren. Alle diese Bausteine haben einen Eigengeschmack und dienen als Vorstufe anderer kleiner Moleküle, die unsere Geschmacks- und Geruchsnerven reizen. Auch die in der Nahrung selbst enthaltenen Enzyme tragen speziell zur Aromatisierung bei – umso mehr, je mehr Zeit ihnen die Mikroben mit Konservierungsmaßnahmen verschaffen.
Ab einem bestimmten Punkt geht mir das dann auch zu weit: Hart auf der Kippe zwischen unappetitlich überreif oder wirklich verdorben balancieren solche Spezialitäten wie der chinesische Stinktofu oder der schwedische Surströmming. Dieser in der Konservendose fermentierte Hering, der die Dose wölbt, ist ein olfaktorisches Erlebnis, das den stärksten Mann umhaut – nur etwas für echte Fans oder in jedem Fall eine Frage der Gewöhnung und der eigenen erlernten Familienkultur.
Aber auch das unvergleichliche Aroma von Schokolade, Vanille oder Kaffee verdanken wir ebenfalls nur den Fermentationsprozessen von Mikroorganismen, die den bitteren Bohnen oder den Vanilleschoten den Geschmack verleihen, den wir so lieben.
Azteken bei der Zubereitung des „Xocolatl“: Kakaobohnen werden geröstet, gemahlen und mit Wasser und Gewürzen schaumig gerührt (Olfert Dapper, „Die unbekannte Neue Welt“).
Kakabohnen (Public Domain)
Wer sind nun die Miniköche, die unsere Nahrung so köstlich machen? An der Fermentierung von Lebensmitteln sind eine ganze Reihe von unterschiedlichen Keimen beteiligt. Die Mikroben arbeiten entweder alle gleichzeitig oder gedeihen nacheinander und schaffen sich gegenseitig gute Bedingungen – sozusagen ein echtes mikrobiologisches Teamwork.
Die größte Gruppe sind die Milchsäurebakterien, die am Reifungsprozess erstaunlich vieler unserer Leibspeisen beteiligt sind – unter anderem Joghurt, Käse oder auch sahniger Crème fraǐche, Sauerkraut, Dauerwürsten oder asiatischen Fischsoßen. Die zweiten Hauptdarsteller im »Fermentierungstheater« sind die Hefen, vor allem Verwandte unserer BäckerhefeSacharomyces cerevisiae, die Alkohol und Kohlendioxid aus Fruchtsäften und anderen zuckerhaltigen Maischen produzieren und für Bier und Wein sorgen. Zur dritten Gruppe gehören die Spezialisten aus dem Reich der Schimmelpilze, die Alkohol bilden, Salami und Käse veredeln oder biotechnologische Wunder vollbringen können.
Lactobacillus spec., Hautbakterium des Menschen (Wikipedia CC BY 3.0)
Saccharomyces cerevisiae CC BY-SA 3.0
In einer lockeren Folge möchte ich euch hier im Blog die guten Hausgeister vorstellen, die unser Essen lecker und gesund machen. Die Fermentation ist aber ein sehr weites und vielfältiges Feld, daher muss ich mich auf einige ausgewählte Mikroorganismen beschränken, mit denen ihr sogar selbst zuhause fermentieren könnten.
Radieschen mit Knoblauch, Dill und Zwiebeln fermentiert (S. Thiele)
Radieschen in 3,5%-iger Salzlake mit Gewürzen (S. Thiele)
Heute gibt’s für euch ein sehr einfaches und schnelles Rezept für fermentierte Radieschen.
Zutaten:
2 Bund Radieschen
35g Meersalz auf 1 Liter Wasser
1 Zwiebel in Ringe geschnitten
zwei Lorbeerblätter
halbe scharfe Paprika in Ringe geschnitten oder Chili
1 Teelöffel weiße Pfefferkörner
2 Zehen Knoblauch
frischen Dill oder auch 1-2 Teelöffel getrocknete Dillspitzen
Dauer:
Die Radieschen werden in 3,5%-iger Salzlake fermentiert, damit sie schön knackig bleiben. Das Ferment wird 10-14 Tage abgedunkelt gestellt.
Radieschen wild fermentiert nach 7 Tagen (S. Thiele)
Radieschen fermentiert (S. Thiele)
Nach einer Woche habe ich gerade probiert – ist der Hammer ! Sogar meinen Mann kann ich damit begeistern, der meine Fermentier-Experimente sonst etwas skeptisch beäugt.
Blumenkohl fermentieren mit Curry, Chilli und Kreuzkümmel (S. Thiele)
Blumenkohl zu fermentieren, ist viel einfacher als ihr denkt. Ich stelle euch hier ein schnelles Rezept für eine wilde Fermentation in den Blog. So bekommt ihr natürliche Probiotika und etwas Abwechslung auf den Teller.
Was Du dazu brauchst:
1 Blumenkohl
2 EL Curry
1 Messerspitze Chili
4 Knoblauchzehen (wenn Du magst)
2 TL Senfkörner
Kreuzkümmel nach Bedarf
40g Salz (z.B. Himalaya-Salz)
1 Liter Wasser
(Quelle S. Thiele)
(Quelle S. Thiele)
Und so geht es:
Wasche den Blumenkohl gut und schneide ihn in kleine Röschen.
Gib die Gewürze unten in das Glas.
Fülle den Blumenkohl ins Bügelglas .
Versuche so wenig wie möglich Hohlräume zu lassen.
Löse 40 g Salz in 1 Liter Wasser auf und gib die Lösung ins Glas.
alles mit einem Gewicht unter Luftabschluss bringen
Fermentationsdauer: 3-7 Tage abgedunkelt
Sobald es geschmacklich für euch passt, stellt ihr das Ferment in den Kühlschrank, wo es ich noch etwas weiterentwickelt.
Eine kleine Anekdote nebenbei:
Als ich das Rezept das erste Mal bei meinen Followern im Instagram-Account erwähnt habe, verglich jemand den Blumenkohl im Glas mit „fermentierten Pudeln“.
Sauerkraut, Joghurt, Käse, Sauerteigbrot oder Oliven: die Mikrobe des Jahres ist überall mit im Spiel, wenn es um Essen geht. Ihr habt sie wahrscheinlich heute schon mehrfach verzehrt. Auch sonst ist sie ein wichtiger Partner für uns Menschen mit vielen nützlichen Eigenschaften. Deshalb wurde sie gerade von den Mikrobiologen der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) zur Mikrobe des Jahres 2018 gekürt, um auf die Vielfalt des Mikrokosmos aufmerksam zu machen.
Helfer beim Start ins Leben
Laktobazillen sind auch beim Stillen dabei (CCO: Public Domain)
Lactobacillus, ein grampositives, meist stäbchenförmiges Bakterium, begleitet jeden von uns schon von Geburt an: Bei der Passage durch den mütterlichen Geburtskanal werden die Bakterien auf das Baby übertragen. Die Laktobazillen schützen das Neugeborene vor Krankheitserregern. Wird das Babys per Kaiserschnitt entbunden – fehlt dieser Schutz. Die Folge: schädliche Bakterien siedeln sich leichter im unreifen Säuglings-Darm an. Einige Studien geben Hinweise darauf, dass Laktobazillen die Wahrscheinlichkeit von Allergien und Autoimmunkrankheiten wie Diabetes und Morbus Crohn verringern. In den USA und in Kanada ist es deshalb Praxis, dass Kaiserschnitt-Babys direkt nach der Geburt mit Bakterien der Mutter eingerieben. Aussagekräftige Studien zum sogenannten Vaginal Seeding fehlen aber noch.
„Milchstäbchen“ mit Geschichte
Die Laktobazillen – übersetzt „Milch-Stäbchen“ – sind schon seit Tausenden von Jahren Teil unserer Kulturgeschichte: Als vor etwa 7000 Jahren Menschen in Nordeuropa als Viehzüchter sesshaft wurden – stand die Milch und Milchprodukte verstärkt auf dem Speiseplan. Damit setzte sich das Enzym Lactase, welches eigentlich nur bei Säuglingen für den Abbau von Milchzucker vorhanden ist, auch bei erwachsenen Mitteleuropäern durchzusetzen. Im Gegensatz dazu vertragen die meisten erwachsenen Asiaten bis heute Milchprodukte schlecht.
Wahrscheinlich per Zufall entdeckten die Menschen, dass sauer gewordene Milch lecker sein kann: in Form von Joghurt, Kefir oder Käse. Dafür ist vor allem Lactobacillus verantwortlich – ebenso wie für Säuerungsvorgänge zur Herstellung von Sauerteigbrot, Sauerkraut oder anderen eingelegten Gemüsesorten – auch Fermentation genannt. Lactobacillus bildet dabei aus den vorhandenen Kohlenhydraten Milchsäure. Dadurch sinkt der pH-Wert so stark, dass sich schädliche Bakterien nicht vermehren können: die Lebensmittel werden haltbar. Etwa 5000 solcher Lactobacillus-fermentierter Lebensmittel sind weltweit bekannt. Und Fermentation liegt gerade wieder total im Trend !
Fermentierte milchsaure Gurken (Foto: S. Thiele)
Möhren – eine Woche fermentiert (Quelle Susanne Thiele)
Zahtar-Sauerkraut (@S.Thiele)
Eine Vielzahl von leckeren und gesunden Rezepten zur Fermentation von Gemüse findet ihr auch hier im Blog unter Gesunde Rezepte .
Lactobazillen halten uns gesund
Laktobazillen lieben Zucker! Dadurch wurden sie ein so enger und langfristiger Begleiter des Menschen und wir finden sie sowohl in Lebensmitteln oder im Darm. Sie übernehmen viele Aufgaben für unsere Gesundheit: Dank bestimmter Enzyme machen sie für den Menschen unverdauliche Kohlenhydrate verfügbar – vor allem die Ballaststoffe aus Vollkorn und Gemüse, die im Dünndarm die wichtigen Darmbakterien stimulieren. Unter der Bezeichnung „Präbiotika“ werden solche Ballaststoffe heute manchen Lebensmitteln zugesetzt, beispielsweise in Form der langkettigen Zucker Inulin oder Oligofructose. Als „Probiotika“ werden hingegen Nahrungs- oder Heilmittel bezeichnet, die gezielt bestimmte Bakterienstämme enthalten.
„Der Lactosebacillus ist der Wächter unseres Immunsystems“
Dr. Christine Lang, Professorin für Mikrobiologie und Molekulargenetik an der Technischen Universität in Berlin, im Gespräch mit hr1.
Lactobacillus reuteri (blau) verklumpt und inaktiviert den Magenkeim Helicabacter pylori (rot) – hier 11.000fach vergrößert. @Novozymes A/S
Ob natürlich oder zugesetzt: Laktobazillen sind außerdem wichtig für die Funktion der Darmschleimhaut, die Nährstoffe vom Darm ins Blut transportiert und auch unser Immunsystem unterstützt. Ist es gestört, werden Infekte und Autoimmunkrankheiten wahrscheinlicher. Studien legen nahe, dass Laktobazillen sogar unser Wohlbefinden beeinflussen: Bestimmte Lactobacillus-Stämme verringern in Mäusen ängstliches und depressives Verhalten – möglicherweise weil sie Botenstoffe produzieren, die bei der Nervenübertragung im Gehirn eine Rolle spielen. Lactobazillen sind also Helfer für Leib und Seele.
Milchsäure für Biotechnologie, Plastik und Medizintechnik
Auch biotechnologisch werden die Laktobazillen gern eingesetzt, um im industriellen Maßstab Milchsäure herzustellen – weltweit etwa 500.000 Tonnen pro Jahr. Als Lebensmittelzusatzstoff (E 270) erhöht Milchsäure die Haltbarkeit von Back- und Süßwaren so-wie Limonaden. Auch Seifen, Cremes und Spülmittel enthalten die desinfizierend wirkende Milchsäure.
Durch Verknüpfung mehrerer Milchsäure-Moleküle entstehen Milchsäure-Ketten, die Polylactide. Daraus gewonnene Materialien sind stabil, aber biologisch abbaubar, sodass sie zu Bio-Folien und Verpackungen verarbeitet werden. Medizintechniker verwenden Polylactide für resorbierbare Nahtmaterialien und Implantate, die sich nach einiger Zeit im Körper zersetzen.
Der Dezember und die Adventszeit haben es in sich. Die paar Tage Völlerei über die Festtage mit der Familie sind dabei gar nicht das Problem. Seit November wechseln sich nette Treffen mit den Freunden auf dem Weihnachtsmarkt mit Glühwein bei den Nachbarn oder zumindest Pfefferkuchen im Büro ab. Dazu kommt noch der Stress, da das Jahresende naht und viele Dinge unerledigt sind. Wer fühlt sich gerade nicht schlapp und ausgepowert?
Es wird also Zeit, mal wieder aktiv etwas für uns und unsere Energie zu tun. Schließlich sind wir das, was wir essen! Eine gesunde Ernährung hat einen direkten Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Schokolade und der ganze andere Süßkram fördern nicht gerade ein gesundes Darmmikrobiom.
Damit wir die Feiertage gut überstehen, kommt jetzt ein kleines Powerprogramm für unsere Darmbakterien, damit wir gemeinsam die Festtage gut überstehen.
Iss mehr gute Bakterien!
Möhren – eine Woche fermentiert (Quelle Susanne Thiele)
Iss in diesen Weihnachtstagen ausreichend und regelmäßig Lebensmittel (Probiotika), die die Artenvielfalt in deinem Darm erhöhen. Die probiotischen Darmmikroben werden in unserem Verdauungstrakt meistens nicht dauerhaft heimisch. Wirkungsvoll sind sie aber dennoch, wenn sie regelmäßig gegessen werden.
Die besten Quellen für gute Bakterien, die unsere Verdauung unterstützen sind: Joghurt, Kefir, Kombucha, Miso, Tempeh, Sauerkraut oder Kimchi und natürlich auch Brot aus Sauerteig.
Versuch doch außerdem mal selbst frisches Gemüse zu fermentieren! Es ist wirklich unglaublich einfach.
Die Rezepte findest Du hier im Blog. Ich empfehle Dir als Anfänger das Sauerkraut oder die fermentierten Gewürzmöhren.
Füttere die guten Bakterien, die deinem Darm bewohnen!
Darmflora (Pixabay)
Willst Du die guten und nützlichen Bewohner in deinem Darm fördern, solltest Du auch Präbiotika zu Dir nehmen. Das sind vor allem Kohlenhydrate, die ganz speziell diese Mikroorganismen in deinem Darm besonders gern „verfuttern“, wie den Ballaststoff Inulin, der aus vielen Fruktose-Molekülen zusammengesetzt ist.
Gutes „Bakterienfutter“ jetzt im Winter sind zum Beispiel: Chicorée, Kichererbsen, Linsen, Knoblauch, Zwiebeln, Schwarzwurzeln, Lauch, Pastinaken und Nüsse. Eine gute Alternative ist auch Malzkaffee, er liefert auch das „Bakterienleckerli“ Inulin, da er aus Zichorien-Wurzel gemacht wird.
Die Ballaststoffe sind der unverdauliche Teil unserer Nahrung, der unseren Darm durchreist und über den Stuhl wieder verlässt. Unsere westliche Ernährung ist meist sehr arm an diesen Fasern und Ballaststoffen in unserer Nahrung. Das führt zu einem Verlust der Artenvielfalt im Darm.
Die Forschung hat aber gezeigt, dass Ballaststoffe einen sehr positiven Effekt auf die Darmgesundheit haben. Selbst die Faserstoffe, die von den Bakterien verschmäht werden, sind wichtig für den Darm und die Figur. Sie machen länger satt, senken den Blutzuckerspiegel, regen die Darmbewegungen an – das führt zu einer guten Verdauung und verhindert eine Verstopfung.
Die Faserstoffe „räumen“ im wahrsten Sinne des Wortes im Darm auf. Sie reinigen, saugen Giftstoffe auf und tragen sie letztendlich aus dem Darm heraus. Bei fettreichem Essen, welches in der Weihnachtszeit nicht selten ist, binden sie gesättigte Fette, die nicht in den Speckröllchen hängenbleiben. Auch der Cholesterinspeigel bleibt niedrig.
Ein paar Tipps gefällig?
Peppt euers Frühstück mit Vollkornflocken mit Apfel (mit Schale) oder streut Leinsamen, Sesam oder Nüsse drüber! Vollkornbrot oder –Nudeln sind immer zu bevorzugen!
Nüsse, Beeren und Rohkost öfter in den Winterspeiseplan einbauen!
Mehr resistente Stärke – unwiderstehlich für Darmbakterien!
Resistente Stärke ist ein Leckerbissen, bei dem Darmbakterien nicht „Nein“ sagen können. Und wie kommst Du da ran? Ganz einfach – die Stärke kommt in kalten Kartoffeln und kaltem Reis vor. Nach dem Erhitzen und anschließenden Abkühlen verändert sich die Stärke in einigen Nahrungsmitteln und kann der Verdauung in den oberen Darmabschnitten besser standhalten. Ein heißer Tipp sind nicht ganz reife grüne Bananen im Joghurtshake!
Als ein Effekt der resistenten Stärke gilt, dass sie die besonders die Zahl der „guten“ Bifidobakterien im Darm erhöht, die uns schlank halten. Auch feingemahlene oder Mandeln im Müsli lassen diese begehrten Bakterien wachsen.
Trink mehr!
Ausreichend Trinken ist wichtig! (Pixabay)
Ausreichend Flüssigkeit ist wichtig für unsere Verdauung. Bei einer erhöhten Ballaststoffzufuhr ist es sehr wichtig viel zu trinken! Die Ballaststoffe quellen auf und binden Wasser.
Am besten ausgleichen über kalorienarme Getränke wie Wasser, Tee, Kaffee.
Sport macht Darmbakterien Spaß!
Sport macht Darmbakterien Spaß! (Pixabay)
Wissenschaftler haben es bewiesen: Wir machen unsere Darmmikroben sehr glücklich, wenn wir Sport treiben. Die Mikroflora von 40 professionellen Rugbyspielern sah deutlich abwechslungsreicher aus, als die von 46 übergewichtigen Nichtsportlern aus. Auffallend viele Akkermansia –Bakterien tummelten sich bei den Sportlern. Diese Keime schützen bekanntlich vor Übergewicht und Zuckerkrankheit.
Also baut doch nach dem Gänsebraten zumindest mal einen 30 minütigen Spaziergang ein, der verbraucht etwa 100- 130 Kalorien und hilft viel besser als der Verdauungsschnaps danach! Wer sich täglich konsequent ein halbe Stunde bewegt, hat schon eine Menge für seine Gesundheit und die Figur getan.
Fermentierte Saucen sind der absolute Knaller – geschmacklich aufregender und einfach viel interessanter als die bekannten Alternativen.
Ich habe hier eine Tomaten-Ingwer Salsa ausprobiert und nach eigenem Geschmack abgewandelt. Anlass für die Rezeptauswahl waren viele grüne Tomaten, die nicht mehr im Garten nachreifen wollten. Letztendlich musste ich aber doch noch ein paar rote Tomaten dazu nehmen, weil die Menge nicht ausreichte. Sonst wäre die Salsa knallgrün geworden.
Zutaten:
Zutaten für die Salsa (Quelle: Susanne Thiele)
1 Kg grüne unreife Tomaten (hier gemischt mit roten Tomaten)
1 grüne Chilischote oder hier 2 rote Pepperoni
1 dicke Zwiebel
1 dickes Stück Ingwer
2 TL Salz
1 TL Rohrzucker
Zubereitung:
Tomaten waschen
Chili oder Peperoni entstielen und nicht entkernen, alles grob würfeln
Zwiebel und Ingwer schälen und würfeln
mit Salz und Zucker verrühren
mit Küchenmaschine oder Stabmixer fein pürieren
evtl. nachwürzen falls gewünscht
in hohes Glas füllen und täglich einmal mit langen Steil eines Holzlöffels umrühren, damit die Bläschen entweichen können.
Fermentationsdauer:
Nach 3-4 Tagen probieren, ob die Sauce eine leichte Säure angenommen hat.
Nach 7-10 Tagen ist die Salsa fertig und kann in den Kühlschrank oder auf den Tisch.
Haltbarkeit: 2-3 Monate, vegan
Tipp: In kleinere hübsche Flaschen abfüllen zum Verschenken
Die fermentierten Salzzitronen sind ein Klassiker in der Marokkanischen Küche und werden dort zum Würzen vieler Gerichte verwendet.
Die Salzzitronen haben ein einzigartiges salzig-saures Aroma. Durch die Fermentation kommt man auch in den Genuss der Schale.
Zutaten:
1kg kleine Bio-Zitronen
4 EL Meersalz
Zubereitung:
Zitronen gut abwaschen und an beiden Enden abschneiden
Alle Zitronen bis auf eine so vierteln, dass sie an einem Ende noch zusammenhängen
Die Viertel leicht auseinanderziehen und einen halben TL Salz hineingeben.
Zitronen wieder zusammendrücken
1 Zitrone auspressen und die beiden ausgepressten Schalenhälften kleinschneiden
Alles in ein großes Bügelglas schichten, gut zusammendrücken
ausgepressten Zitronensaft darüber geben, bis sich aus Saft und Salz eine Lake bildet.
wenn nicht genug Saft vorhanden ist, etwas lauwarmes Wasser darüber geben – bis es bedeckt ist.
Mit einem Gewicht beschweren und drei bis vier Wochen fermentieren lassen
Haltbarkeit 1-2 Jahre
Wichtig:
Es sollten keine Hohlräume im Einmachglas entstehen, also so weit es geht mit Zitronen füllen. Die Flüssigkeit sollte über den Zitronen stehen.
Das Fruchtfleisch wird später nicht verwendet, sondern nur die Schale und die Flüssigkeit im Einmachglas. Zuerst solltet ihr vorsichtig mit den Salzzitronen würzen, wenn sie euch zu stark sind, könnt ihr sie vorher etwas wässern.
Zu verwenden als:
Würze für Soßen und Eintöpfen -ganz klein geschnitten in Salaten, Kräuterquark, Brotaufstrichen mit Oliven oder Thunfisch -für Gulasch und Tajine , in Hähnchen oder Rindfleischgerichten.