Mikrobenzirkus

Keine Panik vor Bazille, Virus & Co


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Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Türklinke: Buchrezension „Baking Science Traveller“ -Blog

Meine Blog-Kollegin Becky vom Baking Science Traveller-Blog war im April wieder fleißig und hat einige Wissenschaftsbücher für große und kleine Leser rezensiert: unter anderem auch mein neues Sachbuch „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Türklinke“.

Fazit: Ein sehr spannendes Buch! Das Thema ist allgegenwärtig. aber dadurch, dass die Mikroben unter unserem Radar leben, nehmen wir sie nicht so sehr wahr. Trotzdem gehören zu diesen Lebewesen weit mehr als Krankheitserreger und es ist keine Lösung und auch nicht erwünscht, auf alles antibakterielles Putzmittel zu geben. Ein tolles Buch, leicht geschrieben und mit vielen Quellenangaben versehen!“

Die ganze Rezension findet ihr hier.

Auch sonst ist der Blog sehr empfehlenswert. Hier werden Mathematik, Reisen und „nerdiges Backen“ auf sehr sympathische Weise kombiniert. Schaut mal vorbei!

@Baking Science Traveller

Mikrobiologische Grüße

Susanne


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Stadtwohnungen – Reservoir für menschliche Bakterien

Lattobacilli

Lactobacillus spec., Hautbakterium des Menschen (Wikipedia CC BY 3.0)

Wo wir leben – auf dem Land oder in der Stadt – hat einen dramatischen Einfluss auf die Mikroben in unserer nächsten Umgebung – in unseren Heimen. Sind wir in ländlichen Umgebungen vermehrt den Keimen aus der Umgebung ausgesetzt – von Tieren oder aus der Natur – so umgeben wir uns in Stadtwohnungen meist nur noch mit unseren eigenen menschlichen Mikroorganismen, die wir selbst aus dem Mund, von unserer Haut oder über den Darm an die Umwelt abgeben.

Je städtischer wir leben, desto menschlicher sind die Bakteriengemeinschaften geprägt. Das hat jetzt ein internationales Forscherteam von der New York University in der Online-Zeitschrift „Science Advances“ berichtet. Wie sich der mikrobiologische Fingerabdruck, den wir in unseren Wohnungen hinterlassen auf unsere Gesundheit auswirkt, ist noch unklar.

Das Forscherteam untersuchte verschiedene Orte im Amazonasbecken in Südamerika. Dabei nahmen sie Proben in unterschiedlichen Haushalten: in offenen Hütten in traditionellen Urwaldsiedlungen, in einem kleinen Dorf, in einer 400.000 Einwohnerstadt und in Wohnungen der Großstadt Manaus mit 1,8 Millionen Einwohnern. Überall fanden die Forscher eine sehr große Artenvielfalt an Mikroben aber mit einer völlig unterschiedlichen Zusammensetzung. Die offenen Hütten im Dschungel haben logischerweise durch fehlenden Innen- und Außenwände einen ganz anderen Zugang zu Keimen aus der Umwelt.

 

Stadtwohnungen fehlen Umweltkeime

In Stadtwohnungen kapselt man sich viel mehr der Außenwelt ab durch Mauern und Zwischenwände. Hier wimmelt es von Keimen, die vom Menschen sind – aus der Mundhöhle, aus dem Darm oder von unserer Haut. Jeder Mensch trägt eine Wolke aus Mikroorganismen mit sich. Diese Mikroorganismen sitzen überall auf der Haut, aber auch im Körper. In den gut abgedichteten Stadtwohnungen sind wir Menschen also selbst die erste Quelle für die Mikroorganismen in unserer Umgebung. Aus mikrobiologischer Sicht „vermenschlichen“ sich die Häuser und Wohnungen. Das könnte auch dazu führen, dass womöglich eine Übertragung von Krankheitserregern erleichtert wird, meinen die Forscher.

Jean F. Ruiz-Calderon et al. Sci Adv 2016

Jean F. Ruiz-Calderon et al. Sci Adv 2016

Was geschieht aber mit uns, wenn wir es in unseren Stadtwohnungen nur noch mit einem sehr reduzierten Artenspektrum an menschlichen Mikroorganismen zu tun haben? Ist das die Erklärung für vermehrte Immunstörungen, wie Asthma oder Stoffwechselprobleme von Menschen, die in den Städten leben?
Die Forscher sehen die Hygiene-Hypothese bestätigt. Diese geht davon aus, dass das Immunsystem von Kleinkindern in der Entwicklung beeinträchtigt wird, wenn die Umgebung zu sauber ist und zu wenige Keime enthält. So werden allergische Erkrankungen gefördert. Kontakt zu Bakterien aus der Umwelt ist besonders wichtig, damit das Immunsystem von Kindern lernt zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Mikroben zu unterscheiden.

Die Mischung macht‘s

In der Studie konnten die Mikrobiologen in den Stadtwohnungen sogar einzelne Proben bestimmter Mikroorganismenmischungen speziellen Räumen wie Bad, Küche oder Schlafzimmern zuordnen. Wobei sich die Zusammensetzungen deutlich unterschieden.

Im vergangenen Jahr hatten US-Forscher auch schon gezeigt, dass es deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft gibt, je nachdem ob ein Mann oder eine Frau in der Wohnung lebt. Hunde oder Katzen hinterlassen ebenfalls ihren ganz typischen mikrobiologischen Fingerabdruck (Studie in der Fachzeitschrift „Proceedings B“ der britischen Royal Society).

In der Pilotstudie wurden bisher nur 10 Behausungen untersucht. Für allgemeingültige Aussagen ist es sicherlich noch zu früh. Die Forscher wollen die Untersuchungen an einem anderen Ort der Welt wiederholen und außerdem untersuchen, ob die Mikroben mit ihren Menschen auch vom Land in die Stadt umziehen. Wir bleiben gespannt!

 

Quellen:

Fachblatt „Science Advances“

http://advances.sciencemag.org/content/2/2/e1501061