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Alles Käse – Teil 1: Wie kommen die Löcher in den Käse?

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Quarter of Emmental cheese head isolated on a white background.

Käsebrote in freier Wildbahn gehören normalerweise zu einer eher selten fotografierten Spezies. Doch der Braunschweiger Fotograf Wilhelm Koch widmete diesem Thema eine ganze Fotoausstellung und da taucht die Klassikerfrage natürlich wieder einmal auf: „Wie kommen die Löcher in den Käse?“ Ehe wir jetzt wie in Kurt Tucholskys gleichnamiger Erzählung einen ausufernden Streit unter allen Beteiligten provozieren, weil keiner das richtig beantworten kann, ein paar Gedanken dazu.
Es wurden schon viele mutige Spekulationen darüber aufgestellt, wie die Löcher im Käse so geschickt platziert werden. Da werden hungrige Mäuse und fleißige Schweizer verdächtigt, die mit Spezialbohrmaschinen den Käse zerlöchern oder sogar eine besondere Plätzchenform für den Käseteig vermutet. Aktuellen Recherchen zufolge, soll es auch eine Käse-Mafia geben, die den Käse damit einfach interessanter gestalten will oder mit einer cleveren Marketingstrategie für weniger Produkt in der Verpackung sorgt. Alles natürlich Unsinn.

Große Löcher, kleine Löcher

Nun ist das mit den Löchern an sich schon eine Definitionsfrage. Wie groß ist groß? Es gibt kleine Löcher, so wie im Tilsiter Käse oder sehr große Löcher wie im Emmentaler, einem sogenannten „Großloch-Käse“.
Konzentrieren wir uns zuerst auf den Schweizer Emmentaler. Dann ist die Antwort ganz einfach. Die Löcher entstehen durch Gasblasen, die im Käsereifeprozess von Bakterien produziert werden. Die Mikroorganismen werden dem Käse während seiner Herstellung zugesetzt. Während der Käse langsam reift, sorgen die Bakterien dafür, dass der Milchzucker, die Lactose, fast vollständig über Milchsäure zu Propionsäure abgebaut wird. Ab zirka 3 Monaten ist die Lactose vollständig abgebaut. Dann besteht selbst für laktoseintolerante Menschen kein Problem mehr.

Bei der Reifung des Hartkäses Emmentaler sind vor allem die Propionsäurebakterien wichtig. Sie produzieren neben anderen Produkten auch das Gas Kohlendioxid, welches wir aus der Cola oder dem Mineralwasser kennen.
Der Emmentaler-Käse ist außen von einer harten Rinde umschlossen. So kann das Kohlendioxid nicht aus dem weichen Käseteig entweichen. Die Folge: es entsteht ein Überdruck und der Käse wird an einigen Stellen mehr oder weniger aufgebläht. Je größer die Löcher, desto höher ist der Anteil der Propionsäurebakterien.
Bereits nach wenigen Wochen leben über 100 Milionen Propionsäurebakterien in einem Gramm Käse und sorgen für die Vergärung zu Kohlendioxid und Propionsäure. Diese Phase zu steuern, erfordert vom „Käser“ viel Erfahrung, weil die Käselaiber wie Kuchen aufgehen. Sie werden dann später in einem kühlen Reiferaum weitergelagert. Auch für den süßen und nussigen Geschmack des Emmentalers sind diese Bakterien die Ursache.

Propionibacterium acnes_DSM_30919

(Propionibacterium acnes DSM 30919, @DSMZ)

Aber wie war das denn mit den kleinen Löchern, wie z. B. im Gouda. Hier werden andere Bakterien eingesetzt, die weniger Gase und damit auch weniger und kleinere Löcher entstehen lassen.
Die winzigen schlitzartigen Löcher im Tilsiter Käse haben übrigens überhaupt nichts mit Bakterien zu tun. Sie entstehen, wenn die Käsemasse nicht von einer Maschine, sondern von Hand in lockeren Schichten in eine Form gedrückt wird.

Aber im Endeffekt ist es uns ja auch egal, wie die Löcher in den Käse kommen. Hauptsache er schmeckt!

Hier in diesem schon etwas älteren „Sendung mit der Maus“- Video kann man sich das Käsen noch einmal direkt anschauen. Auch die Aufnahmen der Bakterien unter dem Mikroskop sind gut.

Autor: Susanne Thiele

Biologin und Wissenschaftsautorin aus Braunschweig www.susanne-thiele.de

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