
MICROPIA – Mikrobenzoo in Amsterdam (BIldquelle Micropia)
„Micropia“ heißt der erste Zoo für Mikroben, genauer gesagt ein Museum für Bakterien, Schimmelpilze, Mikroalgen und Viren, die auf uns und in unserer Umgebung leben. Er wurde vor ein paar Monaten in Amsterdam eröffnet.
„Wie kommt man denn auf die Idee so etwas „Nerdiges“ zu machen? Aber werde ich mir anschauen…“, war der Gastkommentar unter einem Artikel, der die Eröffnung ankündigte. Als ehemalige Mikrobiologin bin ich natürlich auch ganz begeistert von dieser Idee. Warum soll man nur einen Teil der Natur zeigen und sich nur mit den großen Tieren beschäftigen?
Diese kleinen Organismen machen einen unvorstellbar großen und nicht sichtbaren Anteil der Biospäre aus. Viel zu wenig ist noch bekannt über die Welt der Mikroben. Bakterien erzeugen meistens eher ein „Iiihh, wie eklig“ und man kennt sie vor allem als Verursacher von Krankheiten. Es ist an der Zeit, sich mehr den Mikroorganismen in unserer Welt zu widmen. Vor Dingen die man kennt, hat man weniger Angst.
Also ein Mikrobenzoo! Nun ja sicher, Mikroben sind winzig klein und brauchen nicht viel Platz. Das war auch der eigentliche Hintergrund des neuen Zookonzeptes. Der Zoodirektor und Ökologe Haig Balian konnte den Zoo Artis in der Großstadt Amsterdam nicht unendlich erweitern, also mussten die Tiere kleiner werden. Aber wer sich nun vorstellt, ein Zoo für Mikroben wäre eine ganz günstige und platzsparende Angelegenheit liegt leider auch falsch. Nicht umsonst musste ein Team von Wissenschaftlern zwölf Jahre tüfteln und kräftig die Köpfe rauchen lassen, um sich ein richtig gutes Museumskonzept zu überlegen.
Zuerst haben wir das Problem, dass man die Mikroorganismen bei ihrer Größe von 1-5 Mikrometer gar nicht sieht. Das klappt mit Käfigen oder Aquarien schon gar nicht. Erst wenn Milliarden Organismen auf einer Stelle sitzen, z. B. in einer Kolonie auf einem Nährmedium in einer Petrischale, können wir sie sehen. Um die Winzlinge ganz groß vor die Linse zu bekommen, arbeitet man im Museum mit medialen Exponaten, Videofilmen und Vergrößerungen über 3-D-Ferngläser mit Mikroskopen.
Ein zweites Problem: Nicht alle Mikroorganismen gehören zu den netten und freundlichen Mitbewohnern auf der Erde. Einige darf man im Zoo überhaupt nicht zeigen, da sie Krankheiten verursachen können. Im Labor teilt man die Mikroben in Risikogruppen von 1 bis 4 nach ihrer Infektiosität, der „krankmachenden Wirkung“ für den Menschen ein. In der Gruppe 1 findet man etwa solche harmlosen, wie Essigsäurebakterien oder Lactobacillen, die den Joghurt produzieren. Gar kein Problem für Besucher! Aber es gibt auch ein paar unangenehme Vertreter, wie das Ebola-Virus, das EHEC-Erreger oder das AIDS-Virus. Diese Krankheitserreger zeigt Micropia natürlich nur in großen Modellen.
Aber ganz ehrlich: so richtig spannend wird es doch trotzdem erst, wenn man sich lebende Mikroorganismen live anschauen kann, oder? Wenn man beobachten kann, wie Mikrobe & Co wachsen und sich vermehren. Bei der Artenvielfalt der Bakterien und Pilze kann das schnell zur Materialschlacht werden.
Jeder Mikroorganismus ist eine ganz eigene Diva und hat besondere Ansprüche und Vorlieben für bestimmte Wachstumsbedingungen oder die Ernährung. Es gibt salzliebende Bakterien, welche die Sauerstoff nicht mögen, Mikroben, die nicht ohne heiße Quellen oder hohe Drücke können und viele mehr. Um alle Temperaturen für seine Lieblinge zu bieten, hat man schnell eine „Klima-Schrankwand“ stehen, mit Temperaturen von 20 bis 100 Grad Celsius.
Thematisch spannt Micropia den Bogen bisher von den Mikroorganismen in und auf unserem Körper bis zur Biotechnologie und Ökologie. Sogar die natürlichen Lebenslandschaften einiger Mikroben kann man sich anschauen, wie z. B. die „Black Smoker“ in der Tiefsee mit ihren hitzetoleranten Bakterien.
Ich habe mir den Besuch in Amsterdam jedenfalls rot angemarkert und bin schon ganz gespannt.
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