Mikrobenzirkus

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Mozart, die Pest und Sachertorte – Wien mal mikrobiologisch

Im April hatte ich leider etwas wenig Zeit für den Mikrobenzirkus. Ich war viel auf Reisen in der bunten Republik. Über Ostern war ich fast eine Woche in Österreich – in Wien – bei herrlich sonnigem Wetter. Da ich mittlerweile schon gar nicht mehr ohne „innerliche Themensuche“ für den Blog unterwegs bin, gibt es für euch hier zwei mikrobiologische Mitbringsel und einen Tipp. #mikrobenzirkusontour Wien

Geheimnisse um Mozarts Tod

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Das wohl berühmteste Mozart-Porträt, in Anlehnung an das Familiengemälde von 1780/81 postum gemalt von Barbara Krafft im Jahr 1819 (Wikimedia gemeinfrei)

Wien steht für klassische Musik, wie sonst kaum eine Stadt. Wenn ihr etwas mehr Zeit neben den üblichen Touristenattraktionen hat, schaut euch unbedingt eine der Musikerwohnungen an. Es gibt über WIENMUSEUM quer durch die Stadt die Möglichkeit, einige der originalen Musikerbehausungen zu besichtigen. Wir hatten, durch ein musikfasziniertes Familienmitglied, die Domizile vom Wiener Walzer-König Johann Strauß, ein idyllisches kleines Gartenhaus von Joseph Haydn und das Mozarthaus in der Innenstadt auf dem Plan. Und bei Amadeus Mozart wurde es sehr mikrobiologisch.

Die einzig erhaltene Mozart-Wohnung liegt nur wenige Schritte hinter dem Stephansdom. Am Eingang bekommt man einen Audioguide und kann dann durch drei Geschosse wandeln. Eine Zeitreise beginnt.

Der größte Komponist aller Zeiten hat hier zweieinhalb Jahre mit seiner Frau Constanze, dem gerade geborenen Sohn Karl Thomas, dem Hund „Gauckerl“ und einem Singvogel „Stahrl“ gelebt. Es war wohl seine größte und vornehmste Wohnung.

Das ganze Haus ist liebevoll restauriert, zum Teil stehen noch einige Rokoko-Möbel in den Zimmern. Beim Blick aus dem Fenster fühle ich mich fast zurück in seine Zeit versetzt. Von Stockwerk zu Stockwerk dringt man tiefer in Mozarts Lebenswelt ein. Es geht um sein musikalisches Schaffen, seine Komponistenfreunde und Förderer und um seinen geheimnisvollen Tod. Denn das größte Genie aller Zeiten hatte auch Feinde. Er war auch enthusiastischer Freimaurer und brauchte einiges an freimaurischem Gedankengut in seine Werke ein. Hatte er vielleicht in seiner Zauberflöte zu viel über geheime Freimaurer-Rituale verraten, völlig unbeabsichtigt in künstlerischer Euphorie? Sein Tod bleibt geheimnisumwittert.

Als Amadeus Mozart am 5. Dezember in Wien mit nur 35 Jahren starb, begannen sofort wilde Spekulationen über seine Todesursache. Zum Teil hatte er die Gerüchte selbst geschürt, nachdem er kurz vor seinem Tode behauptete, er wäre allmählich vergiftet worden. Er glaubte, seine Feinde hätten ihm insgeheim „das teuflische Wasser der Teophania“ verabreicht. Diese lebensgefährliche Mixtur erfreute sich auch im 17. Jahrhundert größter Beliebtheit bei den Medici. Klar und geruchsneutral mit einem tödlichen Inhalt, dem aus Käfern gewonnen Gift Kanthandin. Namensgeberin war die Giftmischerin Teofania di Adamo, die diesen Trunk erfunden hatte.

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Das wohl berühmteste Mozart-Porträt, in Anlehnung an das Familiengemälde von 1780/81 postum gemalt von Barbara Krafft im Jahr 1819 (Wikimedia gemeinfrei)

Mozart glaubte, dass sein größter Rivale der Komponist Antonio Salieri, ihm diese toxische Substanz verabreicht hätte. Beweisen konnte man das aber nie.

Ein französischer Arzt J. Barraud vermutete bei Mozart 1905 eine durch eine Scharlacherkrankung bedingte Nierenentzündung, die den Komponisten an Harnsäurevergiftung sterben ließ. Ganz anders der deutsche Arzt Dieter Kerner, der 1961 die These einer Quecksilbervergiftung des Komponisten aufstellte. Demzufolge hätte man Mozart grausam vergiftet, bis dessen Arme und Beine stark anzuschwellen begannen und sein Körper bis zum Tode verfiel. Andere Experten glaubten, den sinnesfrohen Musiker habe die Syphilis, vielleicht auch die Trichinellose (durch nicht durchgekochtes Fleisch) oder ein rheumatisches Fieber hinweggerafft.

Die letzte aktuelle Erklärung mehr als 200 Jahre danach ist, dass Mozart ein Opfer einer einfachen Halsentzündung, einer Pharyngitis wurde, ausgelöst durch die Bakterienvariante Streptokokken.

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Streptokokken (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig, M. Rohde)

Zu diesem Schluss gelangte 2009 ein Forscherteam um Richard Zegers von der Universität in Amsterdam (US-Fachblatt „Annuals of Internal Medicine“). Die Forscher analysierten das Todesregister der Stadt Wien speziell für die Monate rund um den Sterbetag des Musikers. Tuberkulose, Mangelernährung und Gewebewassersucht gehörten damals zu den häufigsten Todesursachen.  Die Forscher glichen die Ergebnisse mit den Berichten von Augenzeugen über die letzten Tage Mozarts ab.

Zu dieser Zeit gab es wirklich eine kleine Pharyngitis-Epidemie in Wien, vermutlich ausgehend von einem Militärkrankenhaus. Mozarts Zeitzeugen bestätigen tatsächlich eine, von „hitzigem Frieselfieber“ begleitete, Entzündung mit Krämpfen, Ausschlag und einer starken Schwellung am Hals. Alles Symptome einer Pharyngitis, an die sich als Spätfolge eine Nierenentzündung mit Ödemen anschließen könne.

Irgendetwas an Mozarts Tod scheint aber trotzdem nicht zueinander zu passen. Er wurde noch feierlich im Stephansdom eingesegnet. Danach wurde er zwar nicht in einem Armengrab verscharrt, wie oft erwähnt. Aber er bekam auch nur ein Begräbnis „dritter Klasse“ in einem gemeinschaftlichen Grab bzw. einem sogenannten „Schacht“, wahrscheinlich auf dem St. Marxer Friedhof. Sicher ist das aber nicht. Die Suche nach Mozarts Grab ist bis heute erfolglos. Sollte womöglich doch etwas verschleiert werden?

Quelle: Franz Forster: Mozart und Salieri. Ein Roman in Tatsachen. Verlag Berenkamp

 

Die Pestsäule in Wien

Wenn man in der Innenstadt auf den geschäftigsten Platz am Graben kommt, trifft man unweigerlich auf die imposante Pestsäule. Die Pest wütete mehrmals in Wien. Die schlimmste Pestepidemie erlebte die Stadt aber im Jahre 1679, als dem Beulentod etwa 12.000 Menschen zum Opfer fielen. Zeitgenössische Berichte bezifferten die Anzahl der Toten mit 70.000 bis 120.000. Schriftlich nachweisbar sind rund 8.000 Tote, was wahrscheinlich nur als Untergrenze betrachtet werden kann. Die ersten Krankheitsfälle traten im Frühjahr 1679 in der Leopoldstadt auf.

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Das Pestbakterium Yersinia pestis (Quelle: web.mst.edu)

Die Pest wird durch das  Bakterium Yersinia pestis hervorgerufen, welches vor allem durch Flöhe übertragen, welche über Nagetiere, besonders Ratten, in die menschlichen Wohnungen gelangen. Gründe für den Pestausbruch in Wien waren die dichte Besiedelung des Stadtgebiets besonders im Bereich der Vorstädte und die mangelnde Hygiene. Als betriebsamer Handelsplatz wurde Wien natürlich auch von vielen Reisenden besucht, wodurch die Pest von auswärts eingeschleppt worden sein dürfte. Die Seuche breitete sich von dort mit dem Voranschreiten der warmen Jahreszeit schnell über den gesamten Siedlungsraum Wien aus.

 

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Wiener Pestarzt Paul de Sorbet (Wikimedia gemeinfrei)

Während die durch den später als Pestarzt von Wien bekannt gewordenen Doktor Paul de Sorbait vorgeschlagenen Hygienemaßnahmen offenbar unbeachtet blieben, wurde die Pest vielmehr als göttliche Heimsuchung wahrgenommen. Der Stadtrat Wiens beschloss die Errichtung einer sogenannten Pestsäule, gewidmet der heiligen Dreifaltigkeit und den neun Chören der Engel. Sie sollte am Graben zwischen den zwei Brunnen als Mittelpunkt für Fürbitten, Litaneien und anderen zeremoniellen Handlungen errichtet werden.

Aber die Pest wütete weiter und die Zeit drängte. So entstand die erste Pestsäule nur in hölzerner Form  – beim Bildhauer Johann Frühwirth in Auftrag gegeben. Im Inneren hohl wurde sie vom Schein einer Öllampe erleuchtet. Kaiser Leopold I. gelobte 1679, als die Seuche am schlimmsten wütete, die Errichtung einer marmornen Pestsäule an Stelle der hölzernen. Das Vorhaben kam durch Geldmangel und die Türkenbelagerung Wiens durch den Grosswesir Kara Mustafa und sein Heer auch nicht zustande. Die Grundsteinlegung zur neuen Marmornen Säule vollzog Kaiser Lepold am 30. Juli 1687. Die Finanzierung versuchte man mit Mautabgaben und Opfergeldern zu bewerkstelligen.

Viele Künstler waren an der Erschaffung der Pestsäule aus weißem Marmor mit Goldelementen beteiligt u.a. der Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach, der Theateringenieur Lodovico Burnacini. Das Resultat ist eine einheitliche und harmonische Erscheinung, 18 Meter hoch.

Tipp: Original Wiener Kaffeehaus-Kultur

Und zum Schluss noch mein Kaffeehaus-Tipp für eine unaufgeregte Wiener Melange und ein Stück Sachertorte – das alte Künstler- Cafe Hawelka, ein Stück Wiener Kaffeehaustradition. Und abends gibts Buchteln 🙂 !

Mit mikrobiologischen Grüßen

Susanne