Mikrobenzirkus

Keine Panik vor Bazille, Virus & Co

Wasserkefir für fermentierte Limonaden

5 Kommentare

Was ist Wasserkefir?

Wasserkefir ist ein prickelndes, fermentiertes Getränk. Es wird mit Wasser, Zucker und Trockenfrüchten angesetzt. In diesen Ansatz kommen die Wasserkefirkristalle, auch Japankristalle oder Kristallalgen genannt. Diese Kultur fermentiert den Ansatz zu einem Wasserkefir. Dabei wird der Zucker zu großen Teilen in Milchsäure und anderen Säuren umgewandelt.

Bei den Wasserkefirkristallen handelt es sich um eine in Symbiose lebende Kultur aus Hefen und Bakterien. Diese bilden eine gallertartige weiche Struktur, um sich in diesem Milieu besonders gut vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen.

Die ersten schriftlichen Erwähnungen stammen aus dem Jahre 1899. Die Kristalle wurden von einem Forscher auf einer Pflanze entdeckt. Sie ernährten sich vom süßen Nektar des Birnenkaktus und dem Tauwasser, das sich dort bildete. In anderen Ländern ist Wasserkefir bekannt unter den Namen Australian bees, African bees, California bees, Ginger bees, Ginger beer pants (USA), kefir de frutta (Italien) oder graines vivantes (Frankreich) genannt. In Mexiko ist ein Getränk namens Tepache aus Ananas, braunem Zucker und Zimt bekannt.

Geschmacklich könnte man klassischen Wasserkefir mit Tonic Water oder Bitter Lemon vergleichen. Es hat als natürliche Limonade und eiskalt gekühlt einen sehr erfrischenden Geschmack. Bei Zimmertemperatur ist die Wasserkefirkultur sehr aktiv und entwickelt schnell Kohlensäure, die etwas an Champagner erinnert. Eine leicht saure Note ist auf die Säuren zurückzuführen, die beim Gärvorgang entstehen. Derzeit erlebt Wasserkefir aufgrund seiner Eigenschaften eine regelrechte Renaissance.

Was ist drin?

Genaue Aussagen zu den Inhaltsstoffen im Wasserkefir sind quasi nicht möglich, da es lebende Organismen sind und je nach benutzten Zutaten, Reifedauer und Kultivierungsbedingungen ein anderes Ergebnis erzielt wird. Grundsätzlich nimmt aber der Zuckergehalt mit zunehmender Fermentationsdauer ab und im gleich Maße entstehen organische Säuren, wie z.B. Milchsäure, Spurenelemente und etliche Vitamine. Da Wasserkefir keine Laktose und Casein beinhaltet, ist er eine tolle Alternative für Menschen, die diese Stoffe nicht vertragen.

In echtem Wasserkefir befinden sich unzählige lebendige Mikroorganismen, die in einem engen Austausch miteinander leben. Sie schließen sich in einer komplexen Matrix aus Polysacchariden (Mehrfachzuckern) zusammen, die für uns als Kristallstruktur sichtbar wird. Die Arten in den Wasserkefirkulturen in aller Welt sind nicht immer gleich. Die folgenden Arten wurden bisher am häufigsten festgestellt. Es kommen aber nicht immer alle vor: Spezies Lactobacillus, Leuconostoc, Acetobacter, Streptococcus sowie Hanseniaospora valbyensis, Lachancea fermentati, Saccharomyces cerevisiae, Zygotorulaspora florentina, Saccharomyces pastorianis und Saccharomyces radiasii.

Da hausgemachter Wasserkefir roh ist, also nicht pasteurisiert (erhitzt auf 70 Grad Celsius), bleiben alle diese wertvollen Inhaltsstoffe und probiotischen Kulturen erhalten im Gegensatz zu kommerziell produziertem Wasserkefir.

Nach 1 (süß) -5 Tagen (sauer), je nach Geschmack ist der Wasserkefir fertig. Durch die Aktivität von Hefen ist das Getränk leicht getrübt und prickelt stark.

Ist im Wasserkefir Alkohol enthalten?

Im Laufe der Fermentation entsteht beim Abbau von Zucker auch etwas Alkohol im Wasserkefir. Der Alkoholgehalt ist auch wieder anhängig von der Menge, der Beschaffenheit, der Gärtemperatur und den Zutaten. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sich der Alkoholgehalt bei einem selbstgemachten Wasserkefir zwischen 0,5% und 1,5% einpendelt. Diese geringen Alkoholmengen kommen ebenso in reifen Bananen, Orangensaft und sogar manchen Weißbrotsorten vor. Alkoholkranken Menschen und trockenen Alkoholikern wird trotzdem aus Vorsicht allgemein empfohlen, auf Gärgetränke in großen Mengen zu verzichten.

Diabetiker müssen beim Konsum von Wasserkefir etwas aufpassen. Sie sollten von Anfang an weniger Zucker benutzen oder den Ansatz länger fermentieren lasen, bis er nicht mehr süß schmeckt und dann mit Wasser oder Tee etwas trecken. Die probiotischen Bakterien bleiben trotzdem erhalten

Was brauchen wir?

  1. Aus hygienischen Gründen vor dem Ansetzen oder Abfüllen von Wasserkefir die Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen.
  2. Das Gärglas (1L) mindestens mit heißem Wasser ausspülen, um Reste von Spülmittel zu entfernen.
  3. Die Wasserkefir-Kultur verträgt keine Berührung mit Metall. Daher bitte nur mit Glasgefäßen, lebensmittelechten Plastiksieb und Plastiklöffel arbeiten. Wasserkefir ist nicht schimmelanfällig, da er zu sauer ist und damit Schimmelpizen kein Nährmedium bietet.
  4. Mineralhaltiges Wasser ist besonders wichtig für die Mikroorganismen. Daher kein destilliertes oder komplett Reverse Osmose-gefiltertes Wasser verwenden. Damit wäre die Kultur schon nach wenigen Brauvorgängen erschöpft. Bei Nutzung von Wasserfiltern, darauf achten, dass die Mineralien erhalten bleiben.
  5. Trockenfrüchte stellen eine wichtige Stickstoffquelle für die Mikroorganismen dar. Sie sollten Bioqualität haben und nicht geschwefelt oder mit anderen Haltbarmachern behandelt worden sein. Mikroorganismen können diese Stoffe nicht verdauen und die Kultur wird geschädigt.
  6. Werden frische Früchte verwendet, sollten sie nach 24 oder spätestens 48 Stunden entfernt werden. Sie tragen danach nicht mehr positiv zum Geschmack bei.
  7. Tipp: Qualitativ gute Wasserkefirkulturen könnt ihr erstmals gut z.B. bei www.fairment.de oder www.wellness-drinks.de kaufen. Später könnt ihr sie dann im Netzwerk weitergeben, denn Wasserkefir wächst sehr gut 🙂 !

Grundanleitung zur Herstellung

  1. 1 Liter Wasser
  2. 80 Gramm Zucker
  3. ca. 30 g unbehandelte Trockenfrüchte (Rosinen, Feigen, Aprikosen, Gojibeeren…)
  4. 1 – 2 Bio Zitrusfrucht-Scheiben (oder Spritzer Zitronensaft)
  5. 30 g Wasserkefirkristalle
  • Gefäß so verschließen, dass entstehende Kohlensäure noch entweichen kann (Bügelglas mit Gummidichtung)
  • Bei Zimmertemperatur und nicht unter direkter Sonneneinstrahlung (Fensterbank) lagern. Die optimale Temperatur liegt bei 20 – 25 Grad Celsius.
  • Nach 2-3 Tagen ist der Wasserkefir fertig. (Probieren mit Strohhalm, ob der Geschmack schon gefällt nach 1 Tag). Je länger fermentiert wird, desto weniger süß, desto saurer und charakterstärker wird das Getränk.
  • Beim Abfüllen des Getränkes in Glasflaschen durch ein Plastiksieb gießen, damit die Kristalle abgeseiht werden. Sie können aber auch gefahrlos mitgetrunken werden. Die Flaschen kommen in den Kühlschrank und werden dort langsam weitergären.
  • Mit der Wasserkefir-Kultur kann sofort wieder ein neuer Ansatz gestartet werden.

Die Zweitfermentation von Wasserkefir

Ist euch der erste Ansatz noch zu süß oder hat er nicht genug Kohlensäure, kann eine Zweitfermentation angeschlossen werden.

Füllt dazu die Glasflaschen fast voll und lasst etwas Platz, um Saft, Früchte oder Kräuter dazuzugeben. Das verfeinert den Geschmack und sorgt für Abwechslung.

Tolle Möglichkeiten sind:

  • Fruchtsäfte (Cranberry, Traube, Orange, etc.)
  • Getrocknete Früchte (Datteln, Feigen, Aprikosen etc.)
  • Frische Früchte (Erdbeeren, Orangen, Beeren, Pflaumen etc.,)
  • Kräuter (Hibiskus, Lemon Gras, Lavendel)
  • Gewürze (Vanille, Zimt, Rosmarin)
  • Wurzeln (Ingwer, Kurkuma)

Dann probiert den ersten Ansatz aus und hier findet ihr später noch viele schöne Rezepte zum Variieren! Ich bin sehr gespannt auf eure Experimente und möchte Bilder sehen…

Probiotische Grüße

Susanne

Wollt ihr mir einen Kommentar hinterlassen?

    [wpgdprc "Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden."]


    Entdecke mehr von Mikrobenzirkus

    Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

    Autor: Susanne Thiele

    Biologin und Wissenschaftsautorin aus Braunschweig www.susanne-thiele.de

    5 thoughts on “Wasserkefir für fermentierte Limonaden

    1. Was mich aus mikrobiologischer Sicht schon lange beschäftigt, aber bisher noch nicht zufriedenstellend erklärt werden konnte:
      Vielen Pflanzen und Gewürzen (Ingwer, Rosmarin, Knoblauch…) werden stark antibakterielle – und damit insgesamt förderliche – Wirkungen nachgesagt. Gleichzeitig werden sie aber auch für viele Fermentationsprozesse (Kefir, milchsaure Gärung) empfohlen.
      Woher „wissen“ solche Mischungen, welche Mikroorganismen „gut“ oder „schlecht“ für uns Menschen sind? Wieso überleben überhaupt die förderlichen Bakterien trotz dieser natürlichen Antibiotika?
      Die gleiche Frage stellt sich auch bei der Anwendung von Heiltees und ätherische Ölen bei innerlichen und äußerlichen Anwendungen. Ich möchte ja bewusst eine große Artenvielfalt im Darm und auf meiner Haut erhalten. Werden dadurch nicht unwissentlich auch nützliche Organismen zerstört?

      • Liebe Christel, letztendlich sind Mikroorganismen nicht auf der Welt, um uns Gutes zu tun :-). Sie leben einfach ihr Leben, ernähren sich und vermehren sich vor allem. Sie „wissen“ also nicht, ob sie uns nützen. Mikroben sind viel älter als Menschen und schon viel länger auf diesem Planeten. Sie sind mit uns in einer Art Koevolution eng verwoben. z.B. unsere Darmbakterien helfen uns nicht selbstlos bei der Verdauung. Sie haben in unserem Darm für sich selbst auch ein optimales Milieu gefunden. Und so ist es in vielen Fällen ein glückliches Zusammentreffen von optimalen Umständen.
        Mit vielen Ballaststoffen oder auch Inulin aus verschiedenen Gemüsen kannst Du gute Mikroorganismen im Darm sozusagen füttern und sie damit anreichern. Dazu hatte ich hier auch schon mal einen Artikel geschrieben. Wir leben gemeinsam in einer gesunden Balance. Die paar Gewürze stören die guten Bakterien nicht. Jedenfalls freue ich mich, das wir in Kontakt sind.
        Liebe Grüße Susanne

    2. Da sich die Kristalle wie wild vermehren, fermentiere ich roten Traubensaft direkt im Karton mit einigen Teelöffeln Wasserkefir. In zwei Tagen wird der Zucker weitestgehend in Kohlensäure und Alkohol abgebaut. Das prickelnde Getränk steht einem Prosecco in nichts nach. In eine entsprechende Flasche umgefüllt, werden auch Gäste begeistert sein, die sonst Vorurteile gegenüber Fermentiertem haben.
      Aber Vorsicht: erst etwas Traubensaft entnehmen und den Deckel nur auflegen, sonst platzt die Verpackung!
      Die Kristalle sind danach leider nicht mehr zu verwenden. Darüber freuen sich dann die Hühner unserer Nachbarn oder unsere Gartenvögel.
      Viel Erfolg wünscht Christel

    3. Das klingt sehr spannend!
      Ich liebe solche natürlichen Möglicheiten, Getränke zum Blubbern zu bringen. Ich muss mal schauen, ob ich die Kristalle irgendwo besorgen kann, dann werde ich es sicherlich mal testen.
      Viele Grüße, Becky

    Schreibe eine Antwort zu Christel WolterAntwort abbrechen

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

    Entdecke mehr von Mikrobenzirkus

    Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

    Weiterlesen