Mikrobenzirkus

Keine Panik vor Bazille, Virus & Co

Warum duftet Erde eigentlich erdig?

3 Kommentare

img_2085

Gartenboden im November (S. Thiele)

Jetzt im grauen November steigen uns oft modrige-erdige Gerüche in die Nase. Besonders Waldboden hat nach dem Regen einen sehr typischen Duft. Wo kommt der eigentlich her?

Das Phänomen wurde 1964 als „Petrichor“ beschrieben und zunächst auf anorganische Materialien zurückgeführt. Heute weiß man, dass der „erdige“ Geruch durch fleißige Bodenbakterien, Streptomyzeten oder Myxobakterien, verursacht wird. Sie produzieren einen Alkokol, der uns ganz typisch an den Duft von Erde erinnert. Die bizyklische Verbindung heißt Geosmin.

geosmin-jpg

Dieser Alkohol riecht nach „Walderde“. Wir Menschen können diesen Duftstoff sehr gut wahrnehmen. Unser Geruchssinn reagiert auf Geosmin hochsensibel, die Geruchsschwelle liegt bei 0,1 ppb (parts per billion). Das bedeutet, dass wir ein Geosmin-Molekül sogar unter 10 Milliarden Luftmolekülen „erschnuppern“ können.

Bei Trockenheit riechen wir aber gar nichts, weil dann auch die Bodenbakterien inaktiv sind und ruhen. Regnet es aber, schmeißen die Bakterien ihren Stoffwechsel wieder an und die intensiven Düfte umwehen unsere Nasen.

Die Geosminproduzenten, die Streptomyzeten (Mikrobe des Jahres 2016), sind übrigens ganz eigenartige Bakterien. Sie wachsen mycelartig die Pilze und bilden fädige Pilzfäden, im Fachjargon als Hyphen bezeichnet. Deshalb hat man diese Mikroorganismen auch lange zu den Pilzen gezählt. Heute ist man schlauer und weiß, dass es sich um weitverbreitete Gram-positive Bakterien handelt. Sie leben zwar im Waldboden, brauchen aber trotzdem Luft zum Wachsen und sind damit aerobe Mikroorganismen.

Manchmal bemerken wir die „erdigen“ Düften auch an Lebensmitteln oder anderen Orten. Erdige Gerüche beim Wein deuten zum Beispiel auf einen Weinfehler hin. Hier wird der Duft durch bestimmte Schimmelpilze erzeugt, wenn die Reben von der Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea) befallen waren.

rote_beete_public-domain

Rote Beete hat durch Geosmin ein erdiges Aroma (Quelle: Public Domain)

Auch Rote Bete (Beta vulgaris) riecht etwas erdig. Das liegt ebenfalls am Geosmin und macht das besondere Aroma der roten Knolle aus. An deren Schale haftet trotz guter Reinigung immer noch viel Erde an. Wenn die Knolle dann geschält wird, gelangt Geosmin in den Knollensaft bzw. ins Knollengewebe.

Da Menschen erfahrungsgemäß auf Geosmin sehr positiv regieren, setzen besonders findige Marketingstrategen den „frischen Duft nach Regen“ auch gern kommerziell ein z.B. als Raumparfüm in Outdoorgeschäften für Naturliebhaber. Das Bakterienparfüm animiert uns dann zum ausgiebigen Shoppen.

Mikrobiologische Grüße

Susanne


Entdecke mehr von Mikrobenzirkus

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Autor: Susanne Thiele

Biologin und Wissenschaftsautorin aus Braunschweig www.susanne-thiele.de

3 thoughts on “Warum duftet Erde eigentlich erdig?

  1. Liebe Susanne, was für ein Zufall!

    Gerade am Samstag habe ich meinen Gastro-Kunden vom Duft verrottenden Laubs vorgeschwärmt. Dieser aber durchaus ergänzt um die ätherischen Öle, die das Laub freisetzt, während es verrottet – so liegt unter jedem Baumbestand von Art zu Art unterschiedlich duftendes Laub. Jedes Terroir hat somit seine eigene, individuelle Duftnote.

    Nun wird also damit auch gekocht…

    Um so schöner, dass ich nun etwas tiefer in die Materie schauen konnte – vielen Dank dafür!

    Gruß

    Olaf

    Olaf Schnelle Dipl-Ing *

    * */Gärtnerei Schnelles Grünzeug/*

    Olaf Schnelle Dorow 9 18513 Grammendorf

    t: +49 38334 283060|m & whatsApp: +49 157 714 609 65| e:os@schnelles-gruenzeug.de|w:www.schnelles-gruenzeug.de Facebook Google Plus Page

    Dieses Unternehmen wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

    Land(auf)Schwung LK VR

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Entdecke mehr von Mikrobenzirkus

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen