Mikrobenzirkus

Keine Panik vor Bazille, Virus & Co

Sherlock Holmes und die Mikrobenwolke

1 Kommentar

„Trauen Sie niemals allgemeinen Eindrücken, mein Junge, sondern konzentrieren Sie sich auf Einzelheiten.“ (Sherlock Holmes. Eine Frage der Identität)

 

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Basil Rathbone als Sherlock Holmes (common licence wikimedia)

Sherlock Holmes müsste heute schon einige mikrobiologische Kenntnisse haben, um noch zeitgemäß Verbrecher zu jagen. Ganz zu schweigen von einem Minimum an molekular-biologischen Grundlagen.

Fingerabdrücke, die eineiige Zwillinge unterscheiden, oder die Identifizierung über unser Erbgut -die DNA- sind schon wieder ein alter Hut in der modernen Forensik. Inzwischen versuchen Forscher sich auch ein anderes biologisches Phänomen zu nutze zu machen.  Jeder Mensch besitzt seine ganz persönliche Mikroben-Wolke und ist auch darüber identifizierbar. Sie ist so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck.

Wir teilen unseren Körper mit Milliarden von Mikroben. Diese finden sich auch überall in unserer Umgebung wieder. Menschen hinterlassen, wo sie gehen und stehen, mikrobielle Spuren. Die Mikroben rieseln von uns herab mit Hautschüppchen aus den Haaren, wir atmen sie mit unserer Atemluft als ein Bioaerosol aus. Unser Schweiß verdunstet und wir geben sie darüber an die Umwelt ab. Und wir sind natürlich nicht allein. Mit uns verteilen auch unsere Mitmenschen ihre Keime.

 

Mehrere tausend unterschiedliche Bakterientypen

Argonne National Laboratory

Jeder Mensch besitzt seine ganz persönliche Mikrobenwolke (Argonne National Laboratory)

 

James Meadow und seine Kollegen von der University of Oregon wollten ganz genau wissen, welche und wieviel Bakterien ein völlig still sitzender Mensch in zwei bis vier Stunden an seine Umwelt abgibt. Sie ließen in einem Experiment elf Menschen, frisch geduscht und nur mit Shorts und T-Shirt bekleidet in speziellen Klimakammern sitzen. Sterile Luft wurde über spezielle Filter wieder abgesaugt und herabsinkende Bakterien wurden in Petrischalen am Boden aufgefangen. Die Forscher analysierten über die 16S ribosomale RNA, ganz spezifische Fragmente der RNA, zu welcher Bakteriengruppe die Mikroben gehörten. Obwohl sich die elf Probanden in der Testkammer nicht bewegt hatten, fanden sich dort mehrere tausend Bakterientypen, die vor allem auf oder im Körper des Menschen leben, z.B. Streptokokken aus dem Mund oder Propioni- oder Corynebakterien von der menschlichen Haut.

 

Persönliche Signatur in der Mikrobenwolke

 

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Unsere persönliche Mikrobenwolke (PeerJ)

Überraschend für die Forscher war, dass sie sogar verschiedene Personen anhand ihrer einzigartigen Mikrobenwolke unterscheiden konnten. So wurden bei einem Versuchteilnehmer  große Mengen des Bakteriums Dolosigranulum pigrum gefunden, welches in den oberen Atemwegen des Menschen vorkommt. Typisch für einen weiteren Probanden war vermehrt das Bakterium Staphylokokkus epidermis, welches auf der Haut und auf Schleimhäuten des Menschen zu finden ist. Proben der einzigen Frau im Experiment enthielten  Lactobacillus crispatus, ein Bakterium aus der gesunden Vaginalflora.
Fast alle Keimproben konnten früher oder manchmal später eindeutig ihrem ursprünglichen Besitzer zugeordnet werden. Die persönliche Mikrobiom-Signatur ergab sich aus den Unterschieden in der Kombination der Keime.

Die Entdeckung der individuellen Keimwolke eines jeden Menschen hat durchaus Potenzial für praktische Anwendungen. Zum Beispiel könnten die neuen Erkenntnisse eingesetzt werden, um die Verbreitung von Krankheitserregern in Gebäuden besser zu verstehen.

Nützliche Hinweise für die Verbrecherjagd

Anhand der persönlichen Bakterienaura könnte man in der Forensik mit diesem Verfahren feststellen, wo sich eine verdächtige Person zuletzt aufgehalten hat. Ganz ausgereift und massentauglich ist die Methode aber noch nicht, so James Meadow. Daher ist das wohl noch Zukunftsmusik, zumal es dabei auch sensible Daten zu Krankheitserregern geben kann.
Trotzdem gewinnt der mikrobiologische Detektiv-Ansatz an Beliebtheit. US-Forscher aus Illinois untersuchten vor kurzem die Schuhsohlen von Konferenzteilnehmern aus Vancouver, Washington DC und Kalifornien und konnten anhand der mikrobiologischen Bodenspuren nachweisen, wer an welchem Ort war. Das wären doch schon erste Erfolge für einen modernen Sherlock Holmes.

„Watson, ich kombiniere.“ (Arthur Conan Doyle)

 

Quelle:

 

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Autor: Susanne Thiele

Biologin und Wissenschaftsautorin aus Braunschweig www.susanne-thiele.de

1 thoughts on “Sherlock Holmes und die Mikrobenwolke

  1. Das ist ein interessanter, wenn auch gruseliger Ansatz, so wie eigentlich alles hier. 😀
    Man beschäftigt sich ja doch irgendwie eher weniger mit den kleinen „Dingen“, die das Leben so ausmachen… Mal sehen, wie weit ich mich noch in den Zirkus wage…

    Der moderne Sherlock Holmes aus Sherlock verbringt ja schon einige Zeit im Labor und mit diversen Haus-eigenen Experimenten, vielleicht ist auch er schon über die Mikrobenwolke gestoßen, es aber sogleich zu analysieren stelle ich mir aber noch schwierig vor…auch wenn mein Schreiber-Hirn schon wieder anfangen will, über Wesen nachzudenken, die sich so orientieren… -.-….

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